Potsdam Science Park Konferenz 2023
© Filiz Özcan
Potsdam: Döner, Ei und Schrimps der nächsten Generation

Die Potsdam Science Park Conference nahm Innovationen für die Lebensmittelbranche und die Medizin in den Blick. Rund 160 Interessierte waren gekommen, um sich über neue Entwicklungen auf dem Campus Golm und der Metropolregion Berlin-Brandenburg zu informieren.

Der Potsdam Science Park im Ortsteil Golm entwickelt sich immer stärker von einem Wissenschaftscampus zu einem dynamischen Innovationsökosystem. Das wurde einmal mehr bei der diesjährigen Potsdam Science Park Conference
(PSP Conference 2023) deutlich. Das zweitägige Event hatte am 9. und 10. Oktober rund 160 Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung in das Fraunhofer Conference Center gelockt. Mit vielfältigen Formaten wie Podiumsdiskussionen, Start-up Pitches und einem Science Slam bot die Konferenz spannende Einblicke in neuartige Lebensmittel- und Medizininnovationen. Zudem gab es viel Raum für Networking und persönlichen Austausch.

Organisiert wurde die PSP Conference vom Standortmanagement Golm GmbH und Potsdam Transfer der Universität Potsdam gemeinsam mit einer Vielzahl von Partnern aus Brandenburg. Auch die Informationsplattform bioökonomie.de zählte zu den Unterstützern der Konferenz und präsentierte sich vor Ort unter anderem mit dem Film: Das kann Bioökonomie!.

Megatrends im Lebensmittelsektor

Am ersten Konferenztag ging es um Lebensmittel der Zukunft und die prägenden Entwicklungen in der Branche. Dirk Vetter, Geschäftsführer und Mitgründer des Heidelberger Biotechunternehmens Perora GmbH, ging auf die Megatrends ein, die für Foodtech-Innovationen wichtig sind. Dazu zählte er neben der Digitalisierung auch das Thema Nachhaltigkeit, das für die Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch für Wagniskapitelgeber und Fonds immer wichtiger werde. Der Trend zu veganem Essen habe zuletzt einen Dämpfer erlitten, sagte Vetter. „Die Umsätze vieler Marken stagnieren, weil es sich bei den veganen Produkten als schwierig herausstellt, die Leute zum regelmäßigen Kauf zu bewegen“, so Vetter.

Eine weitere Herausforderung für die Lebensmittelbranche komme aus der Arzneimittelindustrie: Immer mehr Menschen greifen auf „Abnehmspritzen“ mit dem Medikament Semaglutid zurück – da es den Appetit zügelt, werden perspektivisch auch weniger Lebensmittelprodukte eingekauft. „Langfristig wird sich die Lebensmittelindustrie an diesen Pharmatrend anpassen müssen, es müssen aber auch noch viele Daten dazu gesammelt und ausgewertet werden“, so Vetter.

Neuartige Lebensmittel auf dem Präsentierteller

In einer von der Radiojournalistin Julia Vismann moderierten Session stellten Akteure von vier Start-ups spannende Food-Innovationen vor. Fabian Machens von Ordinary Seafood erläuterte, wie sein Start-up auf dem Potsdam Science Park vegane Lachs- und Thunfisch-Alternativen entwickelt und vertreibt. Die Produkte bestehen aus verarbeiteten Soja- und Erbsenprotein. Zusätzlich setzt das Team auf Präzisionsfermentation. Machens stellte auch ein veganes Garnelen-Produkt aus der Ordinary-Seafood-Pipeline vor. „Unsere King Shrimps werden mit einem neuartigen Protein umkapselt, das aus ihnen in Sachen Geschmack und Haptik eine qualitativ hochwertige vegane Alternative macht“. 

Insekten-Food

Arianna Spaggiari von der Neggst Food GmbH stellte eine pflanzliche Ei-Innovation vor: Das Ei sieht wie ein Hühnerei aus, mit Schale, Dotter und Eiweiß – besteht aber aus rein pflanzlichen Zutaten. Neggst enthält dabei eine Kombination aus Hülsenfrüchten, Gemüse, ungesättigten Fetten und Ballaststoffen. „Unser Ziel ist es, dass Neggst etwa so viel kostet wie ein Bioei“, sagte Spaggiari.

Die Welt des Döner Kebabs möchte Frederik Schwarz von der nonimal food GmbH mit seiner veganen Alternative erobern. „Allein in Berlin und Potsdam werden pro Tag 400.000 Döner verzehrt“, sagte Schwarz, der einen Foodtruck betreibt. In seinem Produkt setzt er Weizen-, Erbsen- und Soja-Protein ein. „Der Geschmack ist das entscheidende Kriterium“, so Schwarz, „und hier wollen wir auf Augenhöhe zum Original-Döner sein.“ Die PSP Conference-Teilnehmenden hatten am Abend denn auch beim Future Kitchen Event die Gelegenheit, die am ersten Konferenztag vorgestellten neuartigen Lebensmittel wie vegane Kebabs und Meeresfrüchte-Alternativen zu probieren, auch Insekten-Food wurde gereicht.

Podiumsdiskussion zu Ernährungssystemen der Zukunft

Warum die Transformation des Agrar- und Ernährungssystems für eine nachhaltige Entwicklung wichtig ist, diskutierte eine Expertinnen-Runde auf dem Podium. Rebecca Klopsch, Projektmanagerin und Leiterin der Koordinierungsstelle der BMBF-Fördermaßnahme „Agrarsysteme der Zukunft“ erläuterte, wie die acht Forschungskonsortien innovative Strategien für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion der Zukunft ausloten, indem moderne Anbaumethoden klug miteinander kombiniert und Stoffkreisläufe geschlossen werden. Katharina Petereit von der KitchenTown GmbH betonte, man müsse stärker in Kreisläufen denken, und auch technologieoffen sein. Es gebe bereits viele komplette Ersatzprodukte. „Je einfacher der Austausch ist, desto einfacher gelingt die Umstellung für die Konsumentinnen und Konsumenten“, sagte sie.

Alle drei Expertinnen waren sich einig, wie wichtig es ist, das Wissen und die Bildung über Lebensmittel zu verbessern und insbesondere die jüngere Generation anzusprechen. „Damit sollte man schon in der Kita anfangen“, so Ina Henkel vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE).

Startup Pitch: Von Menopause bis Nahrungsergänzungsmittel

Ein Highlight am zweiten Tag der PSP Conference war der Startup-Pitch. Den diesjährigen Wettbewerb hat „beyoni health“ gewonnen. Das Team um Benita Yon entwickelt eine digitale Lösung, die Frauen bei der Bewältigung von Menopause und der Vorbeugung von chronischen Krankheiten unterstützen soll. bioökonomie.de hatte einen Preis gestiftet: Der hydroponische Kräutergarten ging an das Berliner Team von Michael Gusko von der ZERO1 HEALTH GmbH als vierter Sieger des Startup Pitches. Das Berliner Unternehmen stellt ein Nahrungsergänzungsmittel her.